Trauerreden halten - wie oft höre ich Menschen sagen "Das könnte ich nicht."
Mehr als Berufung
Und sicherlich haben sie recht. Denn auf professionelle Art öffentlich Reden zu halten, das ist - wie jeder andere Beruf auch - mehr als nur gefühlte Berufung. Und sicherlich ist es etwas anderes, ein Fest zu eröffnen oder eine Hochzeitsrede zu halten, als sich immer wieder auf`s Neue diesen schweren und traurigen Momenten zu widmen.
Natürlich gehören in erster Linie persönliche Eigenschaften dazu. Empathie, Ruhe, eine gewisse Reife und Erfahrungen mit Menschen. Es bedeutet, die Hand ausstrecken zu können und Halt anzubieten. Oder auch die gewünschte Distanz zu wahren. Es bedeutet zuhören zu können und die Geschichten der Verstorbenen und der Familien respektvoll zu behandeln, das Wichtige vom Nichtigen zu trennen.
Aber auch professionelles Handwerk ist nicht zu unterschätzen. Eine gute Rede geht unter, wenn sie konzeptlos erarbeitet oder mit ungeschulter Stimme vorgetragen wurde.
Eine warme Stimme, sprecherisches und schriftstellerisches Talent, journalistische Erfahrungen und eine Ausbildung in Schauspiel sowie in Mikrofon- und Synchronsprechen - das bringe ich, Grit Weingart, mit in diesen Beruf ein, so dass sich über die Jahre unzählige Familien vertrauensvoll an mich gewendet haben.
Wie kam ich zu den Trauerreden?
Als Mutter von drei Kindern konnte ich meine Arbeit an Theater und Fernsehen nicht weiterführen. Ich war mit meinen Kindern nach Mecklenburg gezogen. Also begann ich als Märchenerzählerin zu arbeiten und baute mir ein eigenes Tonstudio. Viele Jahre lang produzierte ich im Eigenverlag die HÖRPOST. Mit der Zeit kamen Biografien hinzu, die ich als Hörbücher bearbeitete und für Familien herausbrachte.
Und schließlich wurde ich gebeten, eine Beerdigung durchzuführen. Das war auch für mich erst einmal eine große Herausforderung. Und mir wurde bald klar, dass es eine dringende Notwendigkeit war, Mitgefühl einzubringen und doch gleichzeitig eine vorsichtige Distanz zu wahren, die die Sicht auf das Leben frei hält. Ich habe viele erschütternde Geschichten gehört, aber auch sehr schöne. Ich bin auf einsame Menschen getroffen und auf große Familienverbände. Mir ist der Wert jedes Einzelnen so bewusst geworden, das Besondere in jeder Geschichte. Und das ist es wert, in jeder Trauerfeier auf den Punkt zu gebracht zu werden. Ich will mehr als leere Worte formulieren. Ich will Stunden schaffen, in denen den Verstorbenen ein Denkmal gesetzt wird und sich die Hinterbliebenen in ihrer gemeinsamen Trauer aufgehoben fühlen.
Ich mag meine Arbeit sehr.
Und ich bin dankbar, nach Hause zu kommen, in eine Welt mit Familie, Freunden und Tango Argentino, in der ich das freudige Leben spüren kann, um meiner Berufung und meinem Beruf wieder mit neuer Kraft dienen zu können.